Was ist eigentlich ein "typisches" Gericht? Na gut, Labskaus kommt tatsächlich nicht aus Bayern und die Weißwurst fühlt sich an der "Waterkant" auch nicht gerade heimisch. Doch es gibt Speisen, die sind fast überall in Deutschland bekannt, ähneln sich bis auf geringfügige Variierungen sehr, heißen überall gleich - und alle Köche, Hausfrauen und deren Großmütter behaupten, das Gericht schon immer so und nicht anders gekocht zu haben, denn schließlich stamme es aus der Heimat und sei uralt. Ein solches Gericht ist Himmel und Erde. Es ist schon seit dem 18. Jahrhundert bekannt. Seinen Namen hat es wohl daher, dass seine Grundbestandteile Äpfel ( siehe: Golden Delicious und Granny Smith) und Kartoffel sind: Erstere wachsen bekanntermaßen in den Himmel, Letztere in die Erde hinein und heißen wegen ihrer rundlichen Form auch Erdäpfel.
Himmel und Erde gibt es wohl in fast jeder Ecke unserer schönen Republik. In Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein – also im gesamten norddeutschen Raum. Aber auch die Elsässer und die Schwaben behaupten für sich, das Gericht komme aus ihren Regionen. Die Sachsen streuen Kümmel hinein und versichern, es handele sich um eine uralte sächsische Speise. Ähnliches hört man aus Bayern, Brandenburg und dem Rheinland.So lässt sich nirgendwo in Deutschland ein "Originalrezept" ausmachen. Hier werden Kartoffeln und Äpfel getrennt gekocht, dort gemeinsam in einem Topf. Einmal werden die Kartoffeln zu Mus gedrückt, ein anderes Mal die Äpfel. Manche verwenden gleich Apfelmus. In einigen Gegenden werden Stückchen mit Stückchen, in anderen Stückchen mit Mus gemischt. Einig allerdings ist sich Deutschland beim Fett - und damit wird Himmel und Erde allerorten zu einer recht nahrhaften Speise. Ausgebratener Speck und geröstete Zwiebeln kommen fast überall hinzu. In vielen Gegenden wird noch Blut- oder Leberwurst dazu gereicht. Und das ist das Besondere an diesem Gericht: Denn hier ist das Fleisch nur eine Beilage, die durchaus auch ersetzt oder ganz weggelassen werden kann und das, wo doch das Fleisch in der fleischlastigen deutschen Küche eigentlich immer im Mittelpunkt steht. Hier sind hingegen die Kartoffeln und die zur Abwechslung mal die kulinarischen Hauptdarsteller. Übrigens dient dieses Gericht auch als Resteverwertung am Mittagstisch, wenn mal wieder eine „Anstandskartoffel“ übrig geblieben ist. Dann muss man sie nur schnell quetschen, etwas Apfelmus dazugeben und schon hat man gewissermaßen den Himmel auf Erden auf dem Teller.
Und nun eine moderne Himmel und Erde-Variante aus Mecklenburg-Vorpommern unter Angabe der Zutaten für 4 gute Esser:
Kartoffeln und Äpfel schälen und in Stückchen schneiden. Bei den Äpfeln das Kerngehäuse entfernen. Getrennt kochen: die Kartoffeln in wenig Salzwasser, die Äpfel ebenfalls in Wasser mit etwas Zucker. Wenn beides gar ist, die Kartoffeln abgießen und mit der angewärmten Milch zu Kartoffelbrei verarbeiten. Äpfel abgießen und die Stückchen vorsichtig unter den Kartoffelbrei heben. Anschließend mit Salz und Pfeffer abschmecken. In einer Stielpfanne den gewürfelten Speck anbraten. Die Zwiebeln würfeln oder in Ringe schneiden und in dem Fett rösten. Alles über das Kartoffelbrei-Äpfel-Gemisch geben. Die Mecklenburger essen am liebsten ihre hausgemachte Lungenwurst dazu, andernorts wird gern die Bratwurst oder auch mal eine Bulette dazu gereicht.